Dienstag, 28. Februar 2023; 07:20
Volley Näfels

Über Volley Näfels ziehen ganz dunkle Wolken auf

Von: Köbi Hefti

Sportlich läuft es in dieser Saison bei Volley Näfels ausserordentlich gut. Doch der Verein kämpft finanziell mit ernsthaften Schwierigkeiten. Ohne neue, finanzstarke Sponsoren droht das Ende von Spitzenvolleyball bei den Herren im Glarnerland.


Mit Martin Landolt sprach Köbi Hefti

Im Interview mit der Glarner Nachrichten äussert sich Präsident Martin Landolt über die düsteren Aussichten für Volley Näfels wegen fehlender Sponsorengelder. Nach dem Verlust des langjährigen Namensponsors «Biogas» der Firma Energie Zürichsee Linth AG, rechnet Näfels dieses Jahr mit einem Defizit von 60'000 Franken. Wenn es Näfels nicht gelingt neue, finanzstarke Sponsoren zu gewinnen, so würde gemäss Präsident Landolt die nationale Spitze für den Rekordmeister in weite Ferne rücken.

Herr Landolt, wie gross ist die Freude, dass sich Näfels derart souverän für den Playoff-Halbfinal qualifizierte?
Sie ist in zweierlei Hinsicht riesig: Erstens war unser Ziel, wieder zu den besten vier Teams der Liga zu gehören, vor der Saison durchaus sehr ambitiös. Das Niveau war derart ausgeglichen wie seit Jahren nicht mehr. Praktisch jedes Spiel zählte doppelt. Zweitens hat es unser Team dank einem traumhaften «Lauf» geschafft, das Ziel schon frühzeitig zu erreichen, während andere bis zum letzten Quali-Spiel zittern mussten.

An der HV im August und beim Sponsoren-Anlass Ende Januar haben sie von finanziellen Sorgen gesprochen. Sie sagten unter anderem, dass sich Volley Näfels nur eine Saison ohne Namensponsor leisten kann. Droht der finanzielle Absturz?
Wir stehen unmittelbar vor ernsthaften Schwierigkeiten. Bei der Budgetierung im letzten Sommer hatten wir die Zuversicht, wenigstens einen Teil der fehlenden Sponsoringeinnahmen kompensieren zu können. Das ist uns leider nicht gelungen. Ich erwarte deshalb einen deutlich höheren Verlust als budgetiert, was zu einer Verschuldung führen wird.

Wie gross ist das Loch in der Kasse?
Aktuell rechne ich mit einem Verlust von rund 60'000 Franken. Dem steht ein Vermögen von knapp 25'000 Franken gegenüber. Noch viel grössere Sorgen macht mir aber die Planung der kommenden Saison und der Zukunft generell. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen müssten wir deutlich kleinere Brötchen backen. Die nationale Spitze würde damit in weite Ferne rücken.

Welche Pläne haben Sie, um die Kasse ausgeglichener zu halten?
Wir werden sicherlich nach dieser Saison nochmals eine sehr breite Offensive bei den Sponsoringanfragen versuchen. Je mehr kleinere und mittlere Sponsoren wir finden können, desto geringer wird die Abhängigkeit von einem Namenssponsoring. Wir überlegen uns zudem auch ausserordentliche Aktionen, wie beispielsweise ein Crowdfunding. Aber es schleckt keine Geiss weg, dass wir vor allem neue starke Sponsoringspartnerschaften mit einem Gewicht brauchen, das unsere Zukunftsfähigkeit sicherstellt.

Welche Vorstellungen haben sie von einem Namenssponsor? Wie tief müsste ein solcher Partner in die Tasche greifen?
Wenn wir auch längerfristig zur nationalen Spitze gehören wollen, brauchen wir zusätzlich 150’ – 200'000 Franken pro Jahr. Ich habe nach meiner Wahl zum Präsidenten vor 12 Jahren eine Analyse erstellt, aufgrund deren durchschnittlich alle drei Jahre zusätzliche 100'000 Franken notwendig wären. «Biogas» hat uns damals den ersten Schritt ermöglicht; inzwischen sind wir wieder dort, wo wir damals angefangen haben, und hinken den weiteren Entwicklungsschritten deutlich hinterher.

Was wäre der Nutzen eines solchen Engagements für einen Sponsor?
Ein Namenssponsoring ist in vielerlei Hinsicht interessant. Eine Marke wird aufgrund der audiovisuellen Effekte regelrecht verinnerlicht und in jegliche Kommunikationsform integriert. Ein Namenssponsor prägt das CI/CD des Vereins und erhält eine massgeschneiderte, umfassende Sichtbarkeit. Dabei wird sehr oft unterschätzt, dass Volleyball keine Randsportart ist, auch wenn wir im medialen Schatten von Fussball und Eishockey unterwegs sind. In der Schweiz hat Volleyball von 2016 – 2020 mit einem Zuwachs von rund 25% einen riesigen Aufschwung erlebt - es gibt im Mannschaftssport nur im Fussball mehr lizenzierte Spieler als im Volleyball. Wer sich in unserer Sportart sichtbar macht, erreicht unheimlich viele Menschen und generiert bei diesen eine enorme Dankbarkeit und entsprechend hohe Sympathiewerte.

Wie äussert sich dies?
Alle, die sich im Volleyballsport engagieren, wissen, dass die Sponsoren nicht Schlange stehen. Und genau deshalb lösen entsprechende Engagements in der ganzen Community positive Emotionen aus. Wenn ich in Amriswil oder Lausanne einen neuen Sponsor sehe, löst das bei mir – trotz Konkurrenz - Sympathie und Dankbarkeit aus. Und genau so würde umgekehrt ein Namenssponsor von Volley Näfels in der ganzen Volleyballschweiz willkommen geheissen. Ich glaube nicht, dass dies im Fussball oder im Eishockey gleichermassen der Fall ist.

Wie ist der aktuelle Stand? Sind Verhandlungen mit finanzstarken Sponsoren am Laufen?
Ich habe in den letzten drei Jahren zirka fünfzig Kontakte gehabt, und ich werde nicht aufgeben, wie ich das von unseren Spielern auf dem Feld ja auch erwarte. Aber ich muss auch zugeben, dass meine Ratlosigkeit inzwischen grösser ist als meine Zuversicht.

Können sie einige konkrete Zahlen nennen zu den grössten Kostenblöcken?
Unser Budget hat sich in den letzten fünf Jahren zwischen 570'000 und 630'000 Franken bewegt. Ungefähr die Hälfte davon betreffen Personalkosten für Spieler, Trainer und Nachwuchstrainer. Hinzu kommen 70'000 Franken für Wohnungen sowie über 30'000 Franken für Transfergebühren an ausländische Verbände und Agenten.

Wie tief muss Näfels für einen ausländischen Spieler in die Tasche greifen?
Ein ausländischer Spieler erhält während acht Monaten 2'000 – 3'500 Franken pro Monat. Hinzu kommen Wohnung, Auto, Krankenkasse, Agentenhonorare, Transfergebühren usw.

Volley Näfels besteht nicht nur aus dem NLA Team. Auch unzählige Teams von den Kleinen bis zu den Senioren prägen das Gesicht Näfels’. Wie verteilen sich diese Kosten?
Die Allokation beträgt ca. zwei Drittel für den Spitzensport und ein Drittel für den Breitensport und den Nachwuchsbereich. Ich warne aber immer davor, dies isoliert zu betrachten. Nur erfolgreicher Spitzensport ermöglicht uns eine gute Nachwuchsarbeit und umgekehrt. Ohne die Einnahmen aus dem Spitzensport könnten wir die anderen Bereiche auf dem heutigen Niveau nicht stemmen. Zudem steht ein Teil des NLA-Teams auch regelmässig bei den Trainings der Juniorinnen und Junioren in der Halle. Aber selbstverständlich bin ich unseren Mitgliedern sehr dankbar dafür, dass sie mit ihren Beiträgen und Helfereinsätzen jährlich rund 75'000 Franken an unseren Haushalt beitragen. Das gleiche gilt für unsere bestehenden Sponsoren, die öffentliche Hand sowie unsere zahlreichen Zuschauerinnen und Zuschauer.

Es ist kein Geheimnis, dass Näfels möglichst viele der aktuellen Spieler und Trainer gerne auch für die kommende Saison verpflichten würde? Wie realistisch schätzen Sie dies ein?
Ganz ehrlich? Aus heutiger Sicht keine Chance! Und genau das ist das Dilemma, weil die Vertragsverhandlungen jetzt anstehen. - Sollen wir so defensiv planen, wie es die Zahlen erfordern würden, und damit die Segel quasi jetzt schon streichen? Oder sollen wir mutig sein und daran glauben, dass wir im Sommer einen neuen Namenssponsor haben?

Wie bitter wäre es, ein Erfolgsteam, das gerne zusammenbleiben würde, wegen fehlender finanzieller Ressourcen nicht halten zu können?
Sehr bitter. Das würde wohl nicht nur mir das Herz brechen.

Was passiert, wenn das Loch nicht gestopft werden kann? Ist dies das Ende von Spitzenvolleyball im Glarnerland?
Dazu muss ich etwas ausholen: Spitzenvolleyball im Glarnerland ist seit über 30 Jahren keineswegs eine Selbstverständlichkeit; es war, ist und wird immer eine stetige Konfrontation mit finanziellen Herausforderungen sein. Es ist wahrscheinlich den wenigsten bewusst, dass wir uns schon seit längerer Zeit auf sehr dünnem Eis von Saison zu Saison kämpfen. Eine stagnierende finanzielle Basis genügt nicht, um dem stetig steigenden Mittelbedarf gerecht zu werden. Diesen Preis haben wir in sportlicher Hinsicht schon in den letzten Jahren bezahlt. In dieser Saison ist praktisch alles perfekt gelaufen. Das darf aber nicht über die finanziellen Herausforderungen hinwegtäuschen. – Und, ja, wenn wir das Loch nicht stopfen können, ist dies das Ende von Spitzenvolleyball der Männer im Glarnerland.

In der NLA ohne Ausländer und vorwiegend mit eigenen Spielern zu spielen, wäre ein Plan, der Ihrer Vision entsprechen würde. Doch der Preis dafür wäre wohl Erfolglosigkeit in Anbetracht der vielen sehr starken NLA-Teams, die von zahlreichen Spitzenspielern aus der ganzen Welt leben. Ist dies trotzdem eine Option?
Meine Vision besteht darin, mit eigenen Spielern an der nationalen Spitze um Titel zu kämpfen. Diese Vision hat sich nicht verändert und hat meines Erachtens durchaus positive Spuren hinterlassen; aber es ist eine Vision, die uns primär die Richtung vorgeben soll. Wir wollen Spieler aus dem eigenen Nachwuchs fördern und entwickeln; und auch sie sollen entsprechend ihrer Leistungen bezahlt werden können. Gerade jüngst hat mir unser Trainer versichert, wie wichtig und wertvoll die eigenen Spieler für die Mannschaft sind. Er habe noch nie eine Mannschaft trainiert, die über das gesamte Kader eine solche Qualität vorweise. Ich weigere mich deshalb, unsere eigenen Spieler als Sparmassnahme zu betrachten. Das würde ihrer wichtigen Rolle nicht gerecht und nähme ihnen auch die verdienten Entwicklungsperspektiven.

Wie fassen Sie die aktuelle Lage von Näfels zusammen?
Wem das Wasser bis zum Hals steht, der sollte bekanntlich den Kopf nicht hängen lassen. Und wir Volleyballerinnen und Volleyballer sind es gewohnt, bei Niederlagen rasch wieder aufzustehen. Aber ich will kein Geheimnis daraus machen, dass wir in ernsthaften Schwierigkeiten sind und dringend Hilfe brauchen.

 

 

Martin Landolt: Wir stehen unmittelbar vor ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten

Namensponsor: Jahrelang sorgte «biogas» der Firma Energie Zürichsee Linth AG Näfels als Namensponsor für ein ausgeglichenes Budget

Jede Unterstützung ist hilfreich: Auch wenn die Fläche klein ist wie bei der Netzkante, Näfels braucht jeden Franken

Sponsoren: Trikots von Näfels sind bunt

Jeder Franken zählt: Topscorer der Mobiliar

Sehr wichtig: Unterstützung aus der Region

Werbeflächen: Was möglich ist, wird versucht zu nutzen

War’s das: Findet Volley Näfels keine Geldgeber und Sponsoren, dürfte dies die letzte Näfelser Mannschaft für lange Zeit gewesen sein, welche an der nationalen Spitze mitspielen konnte