Donnerstag, 5. März 2020; 18:05
NLA

Weshalb konnte Volley Näfels sein Potenzial nicht ausschöpfen?

Von: Köbi Hefti

Biogas Volley Näfels kann auch in dieser Saison nicht um die Medaillen mitspielen und verpasst damit das gesteckte Ziel. Gescheitert ist Näfels an einem sehr starken Gegner und den eigenen Unzulänglichkeiten.


Biogas Volley Näfels entschied sich vor einem Jahr mit einem neuen Trainer in eine neue Ära zu starten. Ziemlich rasch wurde mit Oskar Kaczmarczyk der Mann gefunden, welcher dieses neue Zeitalter einläuten sollte. Der Pole ist in seinem Heimatland eine grosse Nummer, gehörte zum Staff, als Polen 2014 Weltmeister wurde, bringt sehr viel internationale Erfahrung mit und ist vom Volleyball besessen. Mit viel Herzblut und Akribie hat er zusammen mit Teammanager Ruedi Gygli neues Personal gesucht, um nach der enttäuschenden letzten eine erfolgreichere und freudigere Saison 2019/20 folgen zu lassen. Mit Taavi Nõmmistu wurde der Topscorer der estnischen Liga und mit Thanos Maroulis einen Champions-League erfahrenen Passeur angeheuert. Dazu gesellten sich mit Ernest Plizga und Colin Fraser zwei erfahrene Annahme-Spieler, welche gute Referenzen mitbrachten. Zusammen mit allen Schweizern und den Mittelblockern des letzten Jahres, ergänzt mit dem jungen Sprungwunder Michał Godlewski hatte Näfels ein Kader von elf Spielern zusammen, das Zuversicht aufkommen liess. Man glaubte an diese Mannschaft und erklärte das Erreichen des Halbfinals zum Ziel. Dieses Unterfangen ist missglückt. Wie letztes Jahr kann Näfels bestenfalls den 5. Rang erreichen. Dazu gesellte sich das Ausscheiden im Cup- Viertelfinale.


Steigerungslauf
Die Truppe rund um Kai Aebli zeigte sich von der sympathischen Seite und strahlte Freude aus. Es war ein Team, das im Gegensatz zum Vorjahr beim Gros der Anhänger gut ankam, nie aufsteckte und sich im Verlauf der Saison kontinuierlich steigerte. Mit Nico Süess, Kai Aebli und Ernest Plizga sind drei Spieler besonders positiv aufgefallen. Süess steigerte seine defensiven Qualitäten in dieser Saison massgeblich. Mit Kai Aebli, der im Dezember zum Stamm-Passeur avancierte, lief auch das Spiel besser, überraschende Angriffe waren keine Mangelware mehr. Im Gleichschritt mit Kai Aebli nahm auch Ernest Plizga Fahrt auf. Er zeigte seit Januar einen richtigen Steigerungslauf.

Dass der Traum vom Halbfinale in der Meisterschaft und im Cup platzte, trägt einen Namen: Volley Luzern. Die Innerschweizer sind seit Beginn dieses Jahres das Mass aller Dinge im Herrenvolleyball. Nur eine Niederlage kassierten sie, gegen Näfels im zweiten Spiel der Play-off-Serie. Sonst putzen die Blau-Weissen alle Gegner – auch Amriswil, Lausanne und Schönenwerd - vom Platz. Es lassen sich jedoch auch andere Erklärungen finden, weshalb im Viertelfinale die Medaillenträume beendet wurden. Näfels’ Trainer Kaczmarczyk wollte seine Verteidigung zu einer der besten der Liga entwickeln. Davon ist Näfels weit entfernt: Zu langsam am Block, oft im Feld weit aufgerückt um abgelenkte Bälle noch zu erreichen und anfällig auf Finten. All dies führte dazu, dass Bälle nicht oder nur unzureichend abgewehrt werden konnten und dem Gegner Gratisbälle offeriert werden mussten.


Probleme mit Plan B
Nicht nur in der Defensive, auch im Angriff stellte der Trainer hohe Ansprüche an sein Team und jeden einzelnen Akteur. Oskar Kaczmarczyk setzt auf modernes, schnelles Volleyball. Doch lange Zeit entstand der Eindruck, dass das Team Mühe hatte das Spiel so zu gestalten, wie es der Trainer gerne gesehen hätte. Selbst in den Play-offs gab es immer wieder Momente, während denen das Team den Fokus verlor. Es ist aber unbestritten, dass Näfels sehr erfolgreich war, wenn es nach guten Annahmen seine schnellen Angriffe lancieren konnte. Kam aber nach unpräzisen Annahmen Plan B zum Zug, zeigte sich Näfels oft harmlos und kassierte Breakpunkte. Darauf reagierte das Team immer wieder mit Verunsicherung. Ein Leader, der in solch heiklen Momenten seine Teamkollegen richtig anspornte und zurück ins Spiel brachte, fehlte. Auch Thanos Maroulis, dem genau diese Qualitäten nachgesagt wurden, konnte das Ruder jeweils nicht rumreissen. Statt Inspiration und Vertrauen, regierte Vorsicht und Angst das Spiel.

Die Krux mit dem Satzende
Dazu gesellte sich eine Serviceschwäche, welche in der Lintharena oft ein Raunen auslöste. Es gab Zeiten, da war der Servicefehler der Näfelser nach dem Time-out schon fast garantiert. Die grosse Anzahl Servicefehler ist an und für sich noch kein Grund für Kritik, wenn der erste Ball mit viel Risiko geschlagen und damit regelmässig gepunktet wird, doch Näfels gelang das zu selten. Nur Nico Süess und Niki Papangelopoulos waren regelmässige Punktesammler, ehe zuletzt auch Ernest Plizga und Damian Hudzik sich zu steigern vermochten.

Ein weiterer Mangel war der fehlende Killerinstinkt. Beste Möglichkeiten blieben ungenutzt. Vor allem wenn die Entscheidung nahte, sündigte Näfels, am häufigsten Taavi Nõmmistu. Auf geniale Punkte, bei denen der Este sein Können aufblitzen liess, folgten unverständliche Bälle, welche neben der Linie oder auf den Armen der gegnerischen Verteidigung landeten. Nõmmistus Angriffs-Statistik sieht ähnlich gut aus wie jene der Diagonalangreifer der Konkurrenten. Doch wenn es um die Wurst ging, blieb er beispielsweise im Vergleich zum Luzerner Edvarts Buivids ohne Durchschlagskraft. Ihn aber deshalb zum alleinigen Sündenbock zu stempeln, wäre unfair. Auch andere Spieler zeigten Nerven am Ende der Sätze und machten Fehler. Und so gingen zahlreiche Sätze und Spiele verloren, die nicht zwingend waren.


Versöhnlicher Abschluss?
Nach dem Ausscheiden im Medaillenrennen folgen nun die Spiele um die Goldene Ananas. Dabei kommt etwas Wehmut auf, weil Biogas Volley Näfels sein Potenzial in dieser Saison zu selten ausschöpfen konnte. Ein Potenzial, das absolut vorhanden war, wie der Sieg über Top-Favorit Amriswil zeigte. Doch in diesem Spiel erwartete niemand einen Sieg. Entsprechend locker ging Näfels ans Werk und setzte sich durch. Bleibt zu hoffen, dass Näfels diese Lockerheit auch in den Klassierungsspielen gegen Jona und anschliessend gegen Basel oder Chênois findet und so für einen versöhnlichen Saisonabschluss mit coolen Spielen sorgen kann.

Trainer Oskar Kaczmarczyk