Volleyball heisst die Welt von Näfels‘ Topscorer Taavi Nõmmistu
Der Este Taavi Nõmmistu machte sein Hobby zum Beruf. Nach zahlreichen Titeln in seiner Heimat suchte er eine neue Herausforderung und fand diese bei Biogas Volley Näfels. Ganz zufrieden mit seinen Leistungen hier ist er aber noch nicht.
Der Este Taavi Nõmmistu ist seit dieser Saison der Diagonalangreifer und Topscorer von Biogas Volley Näfels. Auf die Frage, weshalb es ihn nach Näfels zog, erklärt er: „Ich spielte viele Jahre in meinem Heimatland. Ich kenne diese Liga mit ihren Spielern und Coachs sehr gut. Die Liga wurde für mich zur Routine. Ich suchte deshalb eine neue und aufregende Herausforderung.“ Man spiele nicht dreissig Jahre als Profi. Bevor es zu spät sei, habe er Optionen geprüft, so Nõmmistu weiter. Als dann im Frühsommer das Angebot von Näfels vorlag, brauchte er nur wenige Tage um sich zu entscheiden.
Alles auf die Karte Volleyball
Seit 2010 spielte der heute 28½-jährige und 201 cm lange Nõmmistu in Estland, gewann sieben Goldmedaillen als Meister, Cupsieger und Gewinner der Baltischen Liga. Im vergangenen Jahr war er der Liga-Topscorer. In der Saison 2016/17 wagte er seinen ersten Sprung ins Ausland, spielte als zweiter Diagonalangreifer in Belgien gewann dort in Meisterschaft und Cup Silber. Bis zum Alter von zwölf Jahren war Sport für ihn kein grosses Thema. Dann aber fand er durch Freunde den Weg zum Volleyball. Heute ist Volleyball sein Leben. „Das Hobby ist jetzt mein Beruf – es ist das grösste und eine Art Lifestyle. Kein anderer Job könnte mir das bieten“, schwärmt er. Sogar seine Ausbildung an der Uni in „Physical Education and Sports“ musste hinten anstehen nachdem er Profi wurde. Er ist keiner, der auf vielen Hochzeiten tanzt. Wenn er sich für etwas entscheidet, dann gebe es nur dies, mit allem was er habe und könne, beschreibt er sich.
Kritische Beurteilung
Die Schweizer Liga schätzt er ähnlich wie jene in Estland ein. Besonders positiv empfindet er hier die Ausgeglichenheit der Teams. Das zu Beginn der Saison formulierte Ziel, mit Näfels um die Medaillen zu kämpfen, gilt für ihn noch immer, obwohl sein Team nur den sechsten Rang belegt. Auch wenn es sportlich bisher nicht wunschgemäss lief, Taavi Nõmmistu fühlt sich hier wohl. „Die Zeit vergeht sehr schnell. Die halbe Saison ist vorbei und ich hab‘s gar nicht richtig wahrgenommen. Das ist ein gutes Zeichen“, blickt er auf die vergangenen fünf Monate zurück.
Dass seine Leistungen bisher schwankend waren, verneint er keineswegs. Im Gegenteil, wie er erklärt: „Ich analysiere und kritisiere mich selber stark, es gab bisher kaum ein Spiel, nach welchem ich mit mir wirklich zufrieden war.“ Manchmal mache er sich aber zu viele Gedanken, bringe sich dadurch während des Spiels selber in Schwierigkeiten, ergänzt er. Dazu kam, dass er sporadisch Schmerzen am Ellbogen verspürte. Diese hinderten ihn, weil er genau wusste, dass es wehtun würde, wenn er voll draufhält. Er ist zuversichtlich, dass sich dies schnell bessert. Seinem anderen medizinischen Problem, dem kreisrunden Haarausfall, der im letzten Sommer plötzlich auftauchte, begegnete er zuletzt mit einem Kahlschnitt. Er ist erstaunt, dass im Jahr 2020 diese Störung im Auto-Immun System nicht behandelbar ist und das einzige Mittel Abwarten heisst. Positiv sei aber, dass ihn dies körperlich keineswegs beeinträchtige, zeigt er sich erleichtert.
Naturmensch
Heimweh nach Estland und zu seiner Familie, besonders zu seinem bald 4-jährigen Sohn Norman und seiner in Estland tätigen Partnerin kam bisher weniger auf als erwartet. Er sagt: „Ich dachte, dass es schwieriger würde. Doch mit den Video-Chats ist das viel einfacher, ich bin immer in Kontakt.“ Wenn er über sein Heimatland spricht, strahlt er. Estland ist etwas grösser als die Schweiz, hat 1.3 Millionen Einwohner. Er erzählt: „Es ist ein schönes Land mit einer grossartigen Natur, das ich sehr liebe. Estland ist ein modernes, demokratisches EU-Land Land und wirtschaftlich gut unterwegs, ähnlich wie Skandinavien.“ Zu Nachbar Russland erklärt er: „Die Verbundenheit zu Russland und der ehemaligen Sowjetrepublik, zu welcher Estland bis 1990 gehörte, ist klein, obwohl sich das belastete Verhältnis in den letzten Jahren merklich entspannte.“
Während der Freizeit ist Taavi Nõmmistu gerne draussen, geniesst die Natur. Er sucht die Ruhe, ist gerne allein. So finde er den Ausgleich zum Teamsport, bei dem immer viele Leute zusammen seien, erklärt er. In der Schweiz begeistern ihn die hohen Berge, was nicht überrascht, da Estlands höchster Hügel gerade mal rund 300 Meter erreicht. Das inmitten der Berge liegende Elm war für ihn bisher einer der schönsten Plätze hier. Generell sieht er unser Land positiv. Überraschungen und grosse Unterschiede zu seinen bisherigen Lebensräumen gab‘s für ihn hier kaum. Nur etwas sei ganz anders. Er sagt: „Die Leute hier sind entspannter und glücklicher als die Esten, welche oft depressiv gestimmt sind. Das hängt auch mit dem Wetter im Baltikum zusammen. Vor allem im Winter ist es derart lange dunkel, dass man kaum Energie tanken kann.“ Und noch etwas hat er hier kennengelernt, das ihm sehr gefällt: „Es wird hier über Gesetze debattiert, welche das Leben der Familien erleichtern. Das beeindruckt mich.“
Trump verstehen
Er beschreibt sich als ruhig und freundlich. Ärgern kann ihn kaum etwas, was jedoch für einen Athleten ein Problem sein könne, gibt er zu bedenken. Dazu ergänzt er: „Wir haben dieses Thema mit der Mannschaft schon mehrfach diskutiert, wir sind alle zu nett. Das ist zwar super für den Teamgeist, aber nicht im Spiel. Wir müssen als Team lernen, aggressiver zu sein und die Bälle zu killen.“
Auf die Frage, welches für ihn der grösste aktive Sportler sei, sagt er: „Ich mag alle Sportler, welche in ihrer Sparte klar besser als alle anderen sind. Das sind Menschen, welche die perfekte Sportart für sich fanden, da sie schlicht über allen anderen stehen, auch wenn diese sehr talentiert sind, hart trainieren und alles geben. Dazu zähle ich den Basketballer James LeBron, Roger Federer und Cristiano Ronaldo.“ Könnte er einmal einen ganzen Tag mit jemandem verbringen, so wäre es für den angefressenen Volleyballer eigentlich klar, dass er dies mit einem Vertreter seines Sports machen würde. Aber dann überrascht er mit einer ganz anderen Wahl: „Es gibt einen Menschen, mit dem ich sehr gerne einen Tag verbringen möchte. Es ist Donald Trump. Gerne würde ich mit ihm sprechen und diskutieren, damit ich ihn besser verstehe würde und mir selber ein Bild machen könnte – unabhängig von den Medien und sozialen Kanälen.“
Qualifikation: 14. Spieltag
Lutry-Lavaux Volleyball - Biogas Volley Näfels
Salle de Sport de Corsy, Conversion-Corsy, Samstag, 25. Januar 2020, 18:00 h