Dienstag, 8. Dezember 2020; 07:05
NLA

Herausforderung Geisterspiele

Von: Köbi Hefti

Das Bedauern, dass die Spiele von Biogas Volley Näfels ohne Publikum stattfinden, ist allseits gross. Mit einem gelungenen Livestream konnte Näfels am Samstag seine Fans aber überzeugen.


Marco Gygli, das Näfelser Urgestein meinte zur Frage, wie es sich anfühle ohne Zuschauer zu spielen: „Das heutige Spiel war recht emotional, mit Publikum wäre es noch viel emotionaler geworden. Es ist aber ein riesiger Unterschied zu einem Spiel mit Zuschauern, die peitschen. Jetzt muss man alles selber machen. Nur die Mitspieler klatschen und versuchen, einem aus dem Loch herauszureissen.“

Das Exil als Vorteil
Trainer Oskar Kaczmarczyk stösst in dasselbe Horn: „Ich sprach mit meinem Team vor dem ersten Geisterspiel über diese unübliche Situation. Nicht die Fans, sondern wir müssen jetzt selber der Motor unserer Emotionen sein. Wir vermissen die Zuschauer, lernen jedoch damit umzugehen und uns selber zu motivieren, was die Mannschaft sehr gut macht.“ Besonders eingefahren ist Marco Gygli das Derby gegen Jona im Grünfeld, der  riesigen und menschenleer wirkenden Halle. Entsprechend glücklich ist er mit der Situation hier. Er erklärt: „Hier im Exil in Glarus ist alles viel kleiner. Die Kantihalle wirkt nie leer. Im SGU wäre das Gefühl bestimmt weniger gut. Sehr wichtig sind auch die Werbebanden rund ums Spielfeld, die ein Matchfeeling und eine Art Geborgenheit verleihen.“

Trauriger Fabian Martinez
Und dann kommt Marco Gygli nochmals auf die Emotionen zu sprechen: „Emotionen machen den Sport aus, davon lebt er. Doch bei Geisterspielen stellt sich die Frage, für wen man die Emotionen rauslassen soll. Es fehlt der Rückhalt und der letzte Push des Publikums, das zujubelt, die Hände verwirft und tobt. Ohne dies ist es halt ähnlich wie beim Training.“ Fabian Martinez, der Rückkehrer ist ebenfalls etwas traurig und erklärt: „Ich freute mich darauf, die alten Bekannten hier wiederzusehen. Jetzt ist alles ganz anders. Ohne Fans zu spielen ist sehr speziell und komisch und löst bei mir etwas Herzschmerz aus.“

Gute Noten
Auch die Zuschauer trauern den verpassten Spielen nach. Präsident Martin Landolt ergänzt zudem, dass viele Anhänger die neue Mannschaft gerne einmal live sehen würden. Viele Fans, die seit Jahren kaum einen Match verpassten, zeigen sich aber verständnisvoll. Klar sei es schade, dass der Besuch der Spiele nicht möglich sei, doch die Gesundheit gehe vor, lautet der Tenor. Als Alternative zum Matchbesuch bot Volley Näfels am Samstag wie seit Jahren einen Livestream an. Doch im Gegensatz zu den bisherigen Übertragungen wurde diesmal auf erfahrene Produzenten gesetzt. Martin Landolt erklärt: „Ein professioneller Stream hat jetzt plötzlich eine extrem hohe Bedeutung. Der Stream heute ist ein Test, der nichts kostet und eine Gefälligkeitsleistung eines Vereinsmitgliedes ist.“

Das Lob über den gelungenen Stream blieb nicht aus. Der alternative Matchbesuch bekam gute Noten, wie diese Aussage von zwei Urfans zeigt: „Wir vermissen die Matches wirklich und hofften auf eine gute Übertragung des Spiels. Die Hoffnungen wurden nicht enttäuscht, der Stream war sehr gut. Vom gewählten Winkel aus konnte man die Spielzüge sehr gut verfolgen.“

Hoffen auf Solidarität
Näfels wird nichts unversucht lassen, um auch die nächsten Spiele in guter Qualität zu streamen. Allerdings bleibt man vorsichtig, wenn es um die Beschaffung einer kostspieligen Lösung geht. Eine solche koste zwischen zwölf- und dreissig Tausend Franken, sagt Präsident Landolt. Für Näfels ist dies eine Budgetposition, die stark ins Gewicht fällt.  Doch Martin Landolt zeigt sich hoffnungsvoll: „Ich hoffe, dass es uns mit dem Stream gelingt, die Solidarität ausserhalb der Halle zu wecken. Ich glaube, dass wir beispielsweise mit einem Crowdfunding aktuell bessere Chancen hätten als unter normalen Umständen.“ Entsprechend sind kurzfristig nur punktuelle Verbesserungen möglich. Wiederholungen, Slow Motions und Kommentare wird es vorerst nicht geben. Den treuen Fans ist dies aber gut genug, wie diese Aussage zeigt: „Wir freuen uns auf die Streams der Spiele gegen LUC und Chênois noch in diesem Jahr und wünschen „unserem“ Team viel Erfolg und uns Zuschauern, dass wir spätestens bei den Play-offs wieder hautnah dabei sein können.“

Danke Calanda Broncos: Danke der Infrastruktur und Unterstützung der Footballer der Bündner konnte Biogas Volley Näfels einen qualitativ guten Live-Stream anbieten

Spezielle Herausforderung für das Team: Nicht die Fans, sondern wir müssen jetzt selber der Motor unserer Emotionen sein

Technische Herausforderung sehr gut gemeistert: Licht, Verkabelung, Blickwinkel und Einblendung des Resultats stimmten

Profi am Werk: Franco Landolt, der TSO Moderator und VJ amtete als Kameramann und machte das ausgezeichnet

Gut besucht: Insgesamt 1077 Mal wurde der Stream aufgerufen (Mehrfachaufrufe inklusive). Das Tie-Break stiess auf das grösste Interesse, 219 Zuschauer verfolgten die Entscheidung gleichzeitig.