Montag, 2. November 2020; 06:56
NLA

Gelungene Geisterspiel-Premiere von Biogas Volley Näfels gegen Luzern

Von: Köbi Hefti

Näfels Volleyballer geben sich auch ohne Publikum im Rücken keine Blösse und besiegen Luzern trotz verlorenem Startsatz mit 3:1 (21:25, 25:19, 25:17, 25:22). Trotz der fehlenden Zuschauer war es eine lebhafte Partie.


Das erste Geisterspiel von Biogas Volley Näfels ist Geschichte. Die Halle wurde von den zahlreichen Helfern genau gleich eingerichtet wie üblich, nur die Zuschauertribünen fehlten. Der Rahmen für ein NLA-würdiges Spiel stimmte. Der Speaker amtete in gewohnter Manier und begrüsste die „Nicht anwesenden Zuschauer“.  Es war zwar ein Geisterspiel, doch eine Geisterstimmung herrschte zu keiner Zeit. Dies war zur Hauptsache den Spielern zu verdanken, die sehr laut waren und für Stimmung sorgten. Aber auch die applaudierenden Mitspieler und Helfer, die Umrahmung des Spiels mit der bekannten Musik und der Speaker, der professionell durch die Partie führte, sorgten dafür, dass es in der Halle sehr lebhaft zu- und herging.

Von der Rolle geraten
Näfels startete gut gelaunt mit derselben Starting-6 wie in Genf. Martinez, als Diagonal-Angreifer,  Süess und Ronkainen auf Aussen, Hudzik und Porkka in der Mitte sollten für die Punkte sorgen. Flück als Libero und Kai Aebli  als Passeur komplettierten das Team. Die Glarner starteten deutlich erfolgreicher in diese Partie als die Luzerner. Beim ersten Time-out führte sie 8:5, ihr Spiel war durchwegs gefällig. Luzern war zu keiner Reaktion auf diesen Rückstand fähig. Im Gegenteil, es reihte Fehler an Fehler und handelte sich so einen 13:19-Rückstand ein. Es war ein trügerischer Vorsprung, erzielte doch Näfels nach dem Timeout gerade noch zwei Punkte aus eigener Kraft zu dieser klaren Führung bei. Mit starken Services von Luzerns Best Player Tim Köpfli und vier Punkten in Folge brachten sich die Gäste zurück ins Rennen. Und als dann auch Dominik Ulrich mit seinen Services Druck machte, war es um Näfels Annahme geschehen, sie kam völlig von der Rolle. Auch der Wechsel von Süess zu Plizga konnte daran nichts ändern. Näfels fiel auseinander, kassierte innert weniger Minuten zwölf Punkte und buchte selber kaum noch. So jubelte am Ende Luzern über den Satzgewinn mit 25:21. Trainer Oskar Kaczmarczyk sprach nach dem Spiel davon, dass die Luzerner mit ihrem druckvollen Spiel die Mentalität seines Teams kaputt gemacht hätten. 

Strategiewechsel
Coach Kaczmarczyk startete mit demselben Personal wie zu Beginn in den zweiten Satz. Die geforderte Reaktion nach dem Satzverlust kam aber nur zögerlich. Immerhin buchten seine Angreifer wieder regelmässiger. Doch Näfels kam erneut in Rücklage, lag 6:8 hinten. Auch der erneute Spielertausch Süess-Plizga brachte es vorerst noch nicht. Während des Time-outs sparte der Coach nicht mit klaren und lauten Worten, wie man dies bei ihm noch kaum sah und hörte. Es war vor allem die Annahme, welche mit sehr schnellen und flachen Bällen oft zu nahe ans Netz ein überraschendes Angriffsspiel praktisch verunmöglichte. Passeur Kai Aebli war mehr mit Notlösungen als mit kreativen Angriffsauslösungen beschäftigt. Doch erst ein weiteres Time-out beim Stand von 9:12 konnte Näfels Negativspirale aufhalten. Die taktische Umstellung bei den Annahmen zeigte Wirkung. Begünstigt durch zahlreiche Angriffs- und Servicefehler der Gäste gelang Näfels der Ausgleich zum 16:16.  Kurz später brachte Antti Ronkainen mit seinen Services Luzerns Annahme in grosse Bedrängnis. Nach fünf Punkten in Folge bog Näfels mit einer 22:18 Führung auf die Zielgerade ein. Am Ende war es erneut der Finne, der mit einer sehenswerten Finte aus dem Rückraum den ersten Näfelser Satzball zum 25:19 verwertete. 

Überlegene Effizienz
Der überzeugende Finish im zweiten Satz tat der Moral der Glarner sichtlich gut. Sie spielten wesentlich stabiler, liessen sich nicht mehr beirren. Obwohl Näfels mangelhaft  servierte (sechs Fehler, kein Ass) gab Näfels in diesem Umgang den Ton an. Offensiv wie defensiv waren die Gastgeber klar im Vorteil. Dies belegen auch die Zahlen der Statistik. Während Näfels aus 23 Angriffsversuchen 14 Punkte buchte, waren es bei Luzern nur deren acht Punkte aus 28 Angriffen. Nach einem ausgeglichenen Start übernahm Näfels beim Stand von 5:4 die Führung erstmals und marschierte dann sicher durch. Martinez, Ronkainen und Plizga erhielten viele Bälle, welche sie mehrheitlich zum Punkt verwerteten, während die Mitte vor allem beim Blocken ihren wichtigen Beitrag leistete. Mit 25:17 sicherte sich Näfels den Satz diskussionslos.

Rückkehrer Martinez macht den Sack zu
Viel spannender verlief der vierte Satz. Beim ersten Time-out führten die Gäste aus Luzern 8:7, nicht zuletzt dank fünf Geschenken der Gastgeber. Dann aber buchte Näfels mit Martinez (Angriff), Aebli (Block), Plizga (Angriff) und Ronkainen (Ass) und einem Fehlangriff der Gäste fünf Mal in Folge zum 12:8. Diesen Vorsprung gaben die Näfelser nie mehr ganz preis. Doch die von ihrem Libero Jörg Gautschi sehr lautstark angetriebenen Luzerner kämpften sehr engagiert. Sie schafften es immer wieder fast, aber nie ganz aufzuschliessen. So auch nach einer Serviceserie von Köpfli mit vier Punkten zum 20:21. Nach einem Angriff Plizgas kamen die Einheimischen zum ersten Matchball. Luzern versuchte diesen nach einer mässigen Annahme mit einer Finte abzuwehren. Antti Ronkainen war aber in Extremis zur Stelle und rettete am Boden liegend. Diagonalangreifer Fabian Martinez, ideal  lanciert, liess sich dann nicht zweimal bitten und knallte den Ball wuchtig ins gegnerische Feld zum 25:22.

Vom Einwechselspieler zum best Player
Zum Best Player wurde Einwechselspieler Ernest Plizga erkoren. Er kam erst im Verlauf des zweiten Satzes zum Einsatz, überzeugte aber mit seiner Einstellung und guten Annahmen. Zu seiner Wahl und zum Spiel sagte er: „Das ist unglaublich. Ich versuchte mit viel Herzblut zu spielen, wie auch all meine Kollegen. Ich spielte nicht super, machte auch Fehler. Doch wir spielten mit mehr Energie als zu Beginn. Aber ohne Zuschauer zu spielen machte das Ganze komplizierter.“

Die Freude und Erleichterung über den 3:1 Sieg war gross. „Dieser Sieg gegen Luzern war wichtig“, meinte Teammanager Ruedi Gygli und ergänzte: „Letztes Jahr waren die Zentralschweizer unser Angstgegner.  Auch heute taten wir uns schwer. Es fällt uns leichter als Aussenseiter anzutreten. Wenn wir favorisiert sind, haben wir eher Mühe.“  Und auch Oskar Kaczmarczyk fand lobende Worte: „Ich bin super glücklich, dass wir im Verlauf des zweiten Satz begriffen und einen Weg gefunden haben, um ins Spiel zurückzufinden. Danach spielten wir gut.“

Matchtelegramm

Biogas Volley Näfels – Lindaren Volley Luzern: 3:1 (21:25, 25:19, 25:17, 25:22)

Kantonsschule, Glarus. – 0 Zuschauer. – Spieldauer: 103 Minuten.

SR: Wüthrich, Hefti

 

Biogas Volley Näfels:

Startformation: 
Aebli (Passeur, Captain), (1 Punkt), Flück (Libero), Süess (1), Hudzik  (9), Ronkainen (17), Martinez (18), Porkka (6) 
Einwechslungen: Gygli (Passeur, 1), Küng (Libero, 1) Napiorkowski (1) Plizga (5) 

Headcoach: Oskar Kaczmarczyk
Assistant Coach: Błażej Kuśmierz


Lindaren Volley Luzern
Startformation: L. Ulrich (Passeur, 2 Punkte), Gautschi (Libero), Berggren (6), D. Ulrich (4), Köpfli (15) Perezic (17) Döös (9) 
Einwechslungen: Wilmsen (0), Amstutz (0), Fořt (0), Neubert (Captain, 0) 

Headcoach: Alessandro Lodi 
Assistant Coach: Jorge Garcia Perez

 

 

Augen zu und durch: So nah am Netz und bei des Gegner Händen musste Passeur Kai Aebli agieren, um überhaupt noch einen Pass spielen zu können

Verletzungsschock: Im zweiten Satz verletze sich Libero Andrin Flück am Fuss und konnte nicht mehr weiterspielen. Doch er denkt, dass es nichts Gravierendes ist.

Starker Luzerner: Tim Köpfli versetzte Näfels wieder und wieder und wurde zum Best Player Luzerns erkoren

Enge Kiste: Viele Bälle am Netz waren enge Kisten, so wie dieser von Ernest Plizga

Ass statt Out: Einige der Services beider Teams wurden von der gegnerischen Annahme falsch eingeschätzt

Verlass: Fabian Martinez zeigte, dass er es immer noch kann und seine Angriffe wahre Geschosse sind, wenn alles zusammenpasst

Der Mann für alle Fälle: Antti Ronkainen bewies einmal mehr seine offensive Vielseitigkeit, egal ob aus dem Rückraum oder am Netz – einmal mit Power, einmal mit den Auge für die Lücke beim Gegner

Gute Blockarbeit: Killerblocks wie diesen von Henrik Porkka und Patryk Napiorkowski waren nur zwei pro Satz zu sehen. Doch viele Luzerner Angriffe wurden vom Block entschärft und so eine Beute der Näfelser Verteidigung

Matchball: Fabian Martinez verwertete den ersten Matchball zum 3:1 Sieg

Grosse Freude: Ernest Plizga kommt im zweiten Satz und wird dank seiner grossartigen Energie, die er aufs Feld brachte, zum Best Player gewählt