«Fussball und Asado, das ist Argentinien» sagt der Mann ohne Verfalldatum
Mariano Giustiniano ist mit seinen 38 Jahren der erfahrene Fuchs bei Volley Näfels. Heute Abend trifft er mir seinem Team im Europacup auf sein Ex-Team Melilla, worüber er sich besonders freut.
Mariano Giustiniano ist seit dieser Saison bei Volley Näfels als Annahmespieler und Aussenangreifer im Einsatz. Mit 38 Jahren ist er der Senior bei Näfels und der zweitälteste Stammspieler in der NLA nach Joël Brüschweiler von Colombier. Doch der Argentinier fühlt sich gesund, denkt noch nicht ans Aufhören. «Ich habe noch kein Verfalldatum», sagt er. Während seiner mehr als zwanzigjährigen Karriere als Volleyball-Profi war er nie ernsthaft verletzt. Lediglich Knöchelverletzungen, die ihn zu einer maximal einmonatigen Pause zwangen, erlitt er und ergänzt dazu: «Ich hatte immer Glück. Wenn ich aber jetzt in meinen Alter eine schwerere Verletzung erleiden würde, wäre das gleichbedeutend mit dem Ende meiner Karriere.» Zu seiner guten Physis erklärt er: «Ich nehme das Training stets sehr ernst, arbeite hart. Ich lebe und ernähre mich gesund, gönne mir Erholung und schlafe ausreichend und gut. Im Vergleich zu meinen jungen Jahren weiss ich heute genau, wann ich mehr Gas geben kann und wann ich auf mich aufpassen muss.»
Näfels’ Chance heisst Druck
Bevor Giustiniano zu Näfels kam, spielte er fünf Jahre bei Melilla (ESP). 2022 erlebte Melilla die beste Saison seiner Geschichte und gewann die Copa del Rey (Cup). Genau dieses Team ist heute Abend Gegner von Näfels im Europacup Achtelfinal. Will Näfels den Viertelfinal erreichen, muss es drei Punkte holen und den anschliessenden Golden Set gewinnen. Wie stuft Giustiniano die Chancen von Volley Näfels heute Abend ein: «Die Spanier sind individuell stärker besetzt, aber sie spielen nicht so gut, wie sie es eigentlich könnten. Wenn wir sehr gut spielen - wie in den beiden ersten Sätzen im Hinspiel - haben wir Chancen auf den Sieg, wenn nicht, sind wir auf verlorenem Posten.» Dazu verrät er, was für sie als Aussenseiter besonders wichtig ist: «Wir müssen Druck machen und Melilla weg vom Netz drücken, denn innerhalb des 3-Meter Raumes spielen sie sehr gut.»
Nicht nur Volleyballer
Mariano Giustiniano ist trotz seines italienischen Namens Argentinier. Er wuchs in Buenos Aires zusammen mit einem Bruder und einer Schwester auf. Er war schon immer sportbegeistert, spielte Fuss-, Volley- und Basketball und Rugby. Was den Ausschlag gab, dass er Volleyballer wurde, weiss er nicht mehr genau, lediglich, dass sein Bruder ihn für dieses Spiel zu begeistern versuchte. Mit Erfolg, denn als 14-Jähriger wurde Volleyball zu seinem Spiel, auch weil er sich ausrechnete, dass es einfacher sein würde, in dieser Sportart eine Profi-Karriere einzuschlagen. Schon als Teenager erlebte er seine ersten Profi-Jahre, studierte dazu Gastronomie mit Fokus Französische Küche. Die anschliessende Business School brach er ab, weil sie sich mit seinem Leben als Volleyball-Profi nicht kombinieren liess. Aber etwas ist bis heute geblieben: Er kocht sehr gerne. Ob er jemals wieder in diese Branche zurückkehren wird, schliesst er nicht aus, doch derzeit sieht er seine Zukunft eher als Volleyball-Coach. Apropos Essen: Asado, das argentinische Grillerlebnis, ist sein Favorit, nicht nur wegen des Essens und der speziellen Art Fleisch zu grillen, sondern wegen des gesellschaftlichen Erlebnisses und dem Zusammensein mit Familie und Freunden und dabei während Stunden eine gute Zeit zu haben. «Diese Zeremonie ist wunderbar, das Essen geschmackvoll. Fussball und Asado, das ist Argentinien», schwärmt er.
Lockvogel Ignacio Verdi
Giustinianos Höhepunkt seiner Karriere erlebte er in der Zeit von 2009 – 2013, als er im Nationalteam spielte, Argentinien sehr erfolgreich war und drei Mal Edelmetall gewann. «Medaillen für das eigene Land zu gewinnen ist etwas Grosses. Aber an Brasilien gab es damals kein Vorbeikommen, die waren unschlagbar», blickt er zurück. Doch diese erfolgreiche Zeit in Südamerika ist Geschichte. «Europa und Südamerika sind heute nicht mehr vergleichbar, denn in Lateinamerika fehlt das Geld und das Niveau sinkt mehr und mehr.»
Zur Frage, weshalb er jetzt in Näfels spiele, antwortet er: «Ich kannte meinen Landsmann und heutigen Näfels Coach Ignacio «Nacho» Verdi schon früher. Dieser fragte, ob ich zu Näfels wechseln wolle und ich sagte mir - weshalb nicht? Das ist eine neue Erfahrung an einem anderen Ort, in einer anderen Kultur.»
Kälte und Schnee
Jetzt ist der Argentinier hier und er bereut seinen Entscheid nicht: «Die Berge sind wunderbar. Nur an die Kälte und den Schnee musste ich mich gewöhnen, im Gegensatz zu meinen drei Hunden, welchen dies sehr gefällt. Das Glarnerland ist ein sehr schöner Flecken und perfekt, um mit den Vierbeinern zu wandern.» Solche Ausflüge sind ihm wichtig, genauso wie das glückliche Zusammensein mit seiner Frau und der Familie. Loyalität, Vertrauen und die Wahrheit nennt er als seine wichtigsten Werte, während er die Gleichgültigkeit anderer nicht mag. Und wenn ihm etwas missfällt, so bleibt er nicht stumm. «Ich bin kein einfacher Mensch, sage gerne die Wahrheit, bin sehr direkt, auch wenn das anderen nicht gefällt und sie auch mal verletzt», gibt er offen zu.
Auch an die Leute musste er sich gewöhnen, welche hier etwas distanzierter seien. «Aber heute darf ich sagen, dass die Menschen mich sehr gut behandeln - ich habe nichts zu beklagen, fühle mich hier sehr komfortabel.» Noch ist für ihn die Sprache hier das Schwierigste. Dazu ergänzt er: «Ich habe angefangen Deutsch zu lernen und möchte Ende Saison etwas Deutsch können. Doch diese Sprache zu lernen ist sehr hart»