Freitag, 11. April 2025; 07:00
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«Es war schön, nicht dort sein zu müssen, als Trump gewählt wurde»

Von: Köbi Hefti

Volley Näfels’ Mittelblocker Connor Campbell aus den USA liebt Südkalifornien, ihm gefällt es aber auch in der Schweiz ausgezeichnet. Er, der ausgebildete Kriminologe, äusserst sich jedoch auch kritisch über sein Heimatland.


Connor Campbell, der 23-jährige US-Amerikaner, ist seit dieser Saison Mittelblocker bei Volley Näfels. Vor der Best-of-3 Serie um die Bronze-Medaille gegen Chênois sagt er: «Diese Spiele um den dritten Platz sind die wichtigsten des Jahres und ich will, dass es meine besten der Saison werden.»
Campbell, der Sohn eines Engländers und einer Amerikanerin aus Maine, die sich als Mitarbeitende auf einem Kreuzfahrtschiff kennenlernten, verbrachte seine ersten Jahre auf der Hawaii-Insel Maui, bevor es weiter nach Kentucky, Texas und schliesslich nach San Diego im Süden Kaliforniens ging. Auf dieser Reise durch die USA gab es für Familie Campbell auch schwierige Zeiten. Er sagt: «Zwei Jahre lebten wir bei den Eltern meiner Mutter wegen finanzieller Sorgen in deren Keller.» Belastend war auch das Leben im Südstaat Texas mit dem Klima. «Einmal gab es während hundert Tagen Temperaturen von fast 40 Grad und man hielt es draussen kaum aus.»

Kommissar Campbell
Seit acht Jahren wohnt Campbell in San Diego. Er schwärmt vom Süden Kaliforniens: «San Diego ist eine wirklich schöne Stadt mit dem ausgewogenen Klima und dem brodelnden Topf von Kulturen und Menschen, die aus der ganzen Welt hierhin kommen. Dies hat mir den Blick für die Welt als Ganzes geöffnet.» Aber auch Strand, Wellenreiten, Freunde und «das beste Essen der Welt mit den mexikanischen Taco-Geschäften» machen für den Liebhaber von Musik und gutem Essen San Diego zum Traum-Domizil.
In Südkalifornien hat er seine Ausbildung absolviert und in Kriminologie abgeschlossen. «Ich habe mich schon immer für Serien und Bücher interessiert, in denen es darum geht, den Bösewicht zu finden. Das sind wie Rätsel, die ich liebe zu lösen». So war’s auch bei den Harry Potter Romanen. Er las alle sieben Bücher sieben Mal. Sein berufliches Ziel ist, sich weiter zum Kriminalbeamten auszubilden, Tatorte und Täter zu finden, egal ob es um Finanzen, Mörder oder andere Verbrechen geht.

Campbell mag Trump nicht
Seine Bachelor-Arbeit widmete er dem Thema COVID in US-Gefängnissystemen. Dabei stellte er fest, dass es im Grunde überhaupt keine Gesundheitsversorgung in diesem System gibt. «Sitzt man im Gefängnis, kümmert sich das amerikanische Strafrechtssystem nicht mehr um diese Menschen. Leute, bei denen während der Pandemie Krebs diagnostiziert wurde, behandelte man nur mit Schmerzmitteln – alles ging nur um COVID-Impfungen. Ich habe durch diese Arbeit eine Menge Fehler und dunkle Seiten des amerikanischen Strafrechtssystems gesehen und viel gelernt.» Dabei betont er, dass nicht allein die Polizei, sondern auch das Gerichtssystem problematisch sei, welches von der Politik beeinflusst werde. Zur Frage, ob er auch politisch interessiert sei, sagt er: «Ja, leider.» Angesprochen auf den amtierenden Präsidenten meint er: «Es war schön, nicht dort sein zu müssen, als er gewählt wurde. Ich glaube nicht, dass er ein gutes Bild davon abgibt, was das beste Land der Welt sein soll.» Campbell möchte sich zur Politik Trumps nicht äussern. Er mag aber dessen Persönlichkeit nicht und erklärt: «Er tut so, als wäre er ein Alleswisser. Für mich ist er kein sympathischer Mensch, sondern einer, der auf dem Thron sitzt, hinterhältig ist und der sich nur um sich selbst kümmert.»

Das Zelebrieren der Punkte
Dass Campbell heute Volleyballprofi ist, geht auf seine Spanischlehrerin zurück. Sie war  die Inspiration für seinen Einstieg in diesen Sport. Sie ermutigte den damals 16-jährigen und mit Abstand grössten Schüler, Volleyball zu spielen. Campbell: «Sie sagte, du bist gross, stell dich in die Mitte.». Seine Begeisterung hielt sich in Grenzen, denn damals war Fussball sein Lieblingsspiel. Doch das Talent des Zweimeterhünen wurde rasch erkannt und so ging seine Karriere steil nach oben. Seinen Höhepunkt erlebte er im letzten Jahr, als er mit UC Irvine die Final Four der USA erreichte und im Halbfinal vor sechstausend Fans gegen UCLA (University of California) im Tiebreak 12:15 verlor. Campbell erklärt: «Diese Niederlage war nicht schön, aber wir hatten eine tolle Atmosphäre.» Auf diese Saison wollte er Profi in Europa werden. Mit seiner Wahl für Volley Näfels ist er zufrieden. Er mag das Team, das Umfeld, die perfekte Organisation und dass er sich ganz auf den Sport konzentrieren kann - ohne Studium, dafür mehr Freizeit hat. Zum Volleyball sagt er: «Es gefällt mir, wie die Trainer und Mitspieler die gewonnen Punkte zelebrieren und feiern. Mein Trainer im College hat nie gefeiert, während sich hier stets alle ganz involviert fühlen.»

Hektik dort, Entspanntheit hier
Nicht nur beim Volleyball, auch im Leben hat der US-Boy grosse Unterschiede zu seiner Heimat festgestellt. Im Gegensatz zum hektischen, schnelllebigen Alltag in Kalifornien fiel ihm die langsamere Lebensweise auf. Er schätzt die respektvolleren Verkehrsteilnehmer und die natürliche Schönheit der Berge und Landschaften, die sich mit wechselnden Jahreszeiten verändert. Beeindruckt hat ihn auch die Architektur der Städte «obwohl das manchmal verwirrend ist», so Campbell. Und zur sozialen Interaktion meint er: «In der Schweiz wirken die Menschen entspannter und hilfsbereiter als in Kalifornien, wo der Egoismus grösser ist.» Woran er sich hier aber richtig gewöhnen musste, waren die Öffnungszeiten der Geschäfte. Er vermisste die 24/7 Praxis der USA und sagt dazu: «Das Schweizer Leben erfordert mehr Planung und Vorbereitung, was sich stark von der schnellen und flexiblen Lebensweise in den USA unterscheidet. Insgesamt gefällt mir das Leben hier, aber einige Anpassungen waren schon erforderlich.»

Im Leben von Connor Campbell sind ihm die richtigen Menschen wichtig, Leute, die ihn unterstützen und voranbringen, sei es im Sport oder im Alltag. Er betont auch, wie wichtig Teamarbeit und das gemeinsame Arbeiten an Zielen sowie die persönliche Entwicklung seien. Politische Diskussionen und der gesellschaftliche Hass in den sozialen Medien stören ihn. Er plädiert für mehr Offenheit und weniger Angst vor dem Unbekannten. Die Werte, die er schätzt, sind harte Arbeit, Integrität und Leidenschaft. Sein grösster Wunsch ist es, die Welt zu bereisen und weiterhin die positiven Aspekte des Lebens zu schätzen.

Connor Campbell ist 2.03 Meter gross, 23-jährig und kommt aus den USA

Connor sagt, dass Volley Näfels eine gute Wahl gewesen sei

Beeindruckende Schlagehöhe von 3.48 Meter

Starker Blocker

Connor mag den Beach von San Diego, früher war er sehr oft dort

Mama zu Besuch bei Connor

Connor: «Das Zelebrieren der Punkte in Europa ist viel ausgeprägter als in den USA»

Connor schätzt es, dass er «nur» noch Volleyballer ist, «so habe ich mehr Freizeit, um die schöne Umgebung zu erkunden.»