Freitag, 20. August 2021; 09:10
NLA

Eine Legende des Volleyballs tritt ab und wird Ehrenpräsident

Von: Köbi Hefti

24 Jahre war Ruedi Gygli Teammanager von Volley Näfels. An der HV vom letzten Mittwoch trat er aus dem Vorstand zurück. Sagenhafte neun Meistertitel und acht Siege im Cup konnte er als Teammanager mit Näfels feiern.


Ruedi Gygli hinterlässt bei Biogas Volley Näfels markante Spuren. Unter ihm reiften die Glarner zur ersten Adresse im Herren-Volleyball in der Schweiz, sind Rekordmeister und Rekord-Cupsieger. Während seiner Zeit im Vorstand und als Teammanager hamsterte er vor allem zu Beginn seiner Amtszeit Titel um Titel. In den letzten acht Jahren wurden die Erfolge seltener, doch mit Ausnahme der  letzten drei Jahre war Näfels immer wieder einmal in einem Final anzutreffen und sicherte sich fast jedes Jahr zumindest eine Medaille und holte sich zweimal den Cup. An der HV vom letzten Mittwoch sagte Ruedi Gygli Tschüss. Mit Ivan Bedrac hat ein Näfelser Urgestein seine Nachfolge als Teammanager übernommen.
In jungen Jahren war für den gelernten Koch Ruedi Gygli Sport Nebensache, der Beruf verunmöglichte es ihm einem Sportverein beizutreten. Erst als er mit im Alter von 21 Jahren  heimkehrte und das Geschäft seines Vaters übernahm, rückte Sport mehr in sein Blickfeld. Als Mitglied des TV Näfels spielte er dabei auch Volleyball, war aber von diesem Sport nicht sonderlich angetan. Zu seiner Frau, die damals bereits leidenschaftliche Volleyballerin war, sagte er: „Das ist ein AHV-Sport und nichts für mich.“ Doch das Talent Gyglis wurde schnell erkannt. Irgendwie sei es dem damaligen MTV Näfels dann doch gelungen, ihn zu überreden Volleyballspieler zu werden, blickt er lachend auf den Beginn seiner Karriere zurück.

Als Spieler stieg er bis in die NLB auf, wurde Spielertrainer und Trainer. Präsident Martin Landolt erinnert sich: „Ruedi Gygli hat sich schon lange vor seiner Vorstandstätigkeit im Verein namhaft als Spieler, Spielertrainer und Trainer engagiert.  Meine Wenigkeit hat beispielsweise 1987/88 unter Ruedi trainiert. Ich ging damals in die RS und weiss nicht mehr, was von beidem härter war…“.

Als er 1997 in den Vorstand kam, brauchte es erneut viel Überzeugungsarbeit vom damaligen Präsidenten Klaus Görauch, bis sich Gygli dafür entschied. „Ich musste mir gut überlegen, ob ich alles unter einen Hut bringe, denn neben des Geschäfts spielte ich mit den Jungsenioren Tennis in der NLB, dazu war ich Mitglied in verschiedenen Fasnachtsvereinen.“, begründet er sein damaliges Zögern. In seinem ersten Jahr als Teammanager übernahm er eine Mannschaft, die von seinem Vorgänger und dem Finanzchef aus hervorragenden und kostspieligen Spielern zusammengestellt wurde und erstmals den Titel nach Näfels holte. „Das war ein emotionales Highlight. Für das Glarnerland und alle zugewandten Leute war dies eine Riesengeschichte. Ich kann mich gut an die Meisterfeier erinnern – da ging’s ab wie verrückt und wir wurden mit Gratulationen überhäuft. Diese Emotionen lösten bei mir viel aus und ich sagte mir ‘jetzt erst recht‘.“

Doch der erste Meistertitel brachte Näfels finanziell in Nöte. In der Folge lag es an Ruedi Gygli den Verein mit günstigeren Mannschaften nicht nur sportlich, sondern auch in finanzieller Hinsicht zum Erfolg zu führen. Dies gelang ihm bestens  - mit acht Meistertiteln, sechs Cupsiegen und einer gesunden Bilanz. Der damalige Präsident Klaus Görauch sagt dazu: „Es war die Ära des „Spirit of Näfels“, als das Familiäre und Intime und der grosse Zusammenhalt Näfels prägten. Ruedi Gygli ergänzt: „Wir waren ein Dorfverein. Die Spieler anderer  Clubs wussten, dass das Dorf hinter einem steht, man in Näfels für die Spieler schaut. Der Vorstand sass wöchentlich zusammen und konnte alles zeitnah besprechen und lösen.“ Dank dieses Rufes wurde Näfels zu einer sehr guten Adresse und vereinfachte das Engagieren von Spielern. Die anfallende Arbeit war für Gygli aber beträchtlich, phasenweise war es fast ein Tag pro Woche, hauptsächlich wenn es ums Zusammenstellen des Teams, das Verpflichten eines neuen Trainers oder das Organisieren der Europacup-Einsätze ging.

Doch er konnte auf tatkräftige Hilfe zählen, wie er erklärt: „Ohne Unterstützung meiner Frau hätte ich dies nicht stemmen können – sie erledigte alle administrativen Arbeiten wie beispielsweise das Einholen der Arbeitsbewilligungen.“  Auch Präsident Landolt sieht das so: „Ruedi war nicht einfach nur eine «Allzweckwaffe», sondern schon fast eine eigene Armee. Wir haben als Verein nicht nur von ihm und seinem unermüdlichen Engagement profitiert, sondern von seiner Frau Dora, von seiner ganzen Familie, inkl. Grosskindern, die beispielsweise Sponsoring-Broschüren einpackten, aber auch von seiner Firma, der Infrastruktur und den Räumlichkeiten seiner Firma und vom Netzwerk seiner Firma. Seine Lieferanten, seine Kunden sind Sponsoren bei uns – und dies hat bei wenigen etwas mit unserem Verein zu tun, sondern mit der Person von Ruedi.“

Die Arbeit Gyglis als Teammanager hat sich im Verlauf der Zeit sehr stark verändert. Anfänglich war Mund zu Mund Propaganda für das Anheuern von Spielern das wichtigste Mittel. Spieler aus Amerika kamen sehr gerne, da sie den guten Ruf der Schweiz und von Näfels kannten, Geld war dabei nicht das Wichtigste. Später veränderte sich das Verpflichten völlig. Den direkten Kontakt zu den Spielern gab es nicht mehr, alles lief über Spieler-Manager. Besonders einschneidend war auch die Abstimmung zur Personenfreizügigkeit, als es danach schwierig wurde um für nicht EU/EFTA-Mitglieder Arbeitsbewilligungen zu erhalten. Mit dem Einzug der elektronischen Medien wurde zwar vieles einfacher, aber es war auch ein Fluch. Teilweise sei er mit Spielerangeboten richtig geflutet worden und es sei sehr aufwändig gewesen, um den Spreu vom Weizen zu trennen, so Gygli. Interessant ist auch, wie sich die Saläre der Spieler entwickelten. Gygli erklärt: „Die Löhne der Ausländer haben stagniert, sind teilweise günstiger als früher. Immer wieder findet man Schnäppchen. Schweizer hingegen sind wesentlich teurer als zu Beginn, als sie für ein Trinkgeld spielten.“ Auf die Frage, nach den aktuellen Preisschildern von Profispielern sagt Gygli, dass eine monatlicher Nettolohn von 2500 (von August/September bis April), dazu Kost und Logis, als guter Lohn gelte.

Während seiner langen Karriere erlebte Ruedi Gygli sehr viel Schönes, aber auch Enttäuschungen wie die letzten drei Jahre, als es nicht mehr zusammenpasste. Auf die Frage nach dem schönsten Moment nennt Gygli mehrere Höhepunkte, wie den ersten Meistertitel, dazu den letzten und für ihn noch schöneren Meistertitel 2011, weil er völlig unerwartet kam, den sensationellen Sieg im Cup gegen die Millionarios aus Lugano. Die grösste Freude aber war für ihn der bislang letzte Cupsieg 2016, als sein Sohn Marco als Passeur auf dem Feld stand. Ebenso gerne schaut er auf alle Europacup-Einsätze zurück. „Ich konnte dadurch viele Länder besuchen. Dies war wie Ferien für mich. Ich habe dadurch viel erlebt, es war der Lohn für den Aufwand und ein  Privileg im Vergleich zu anderen Vorstandmitgliedern, die nie so etwas erleben konnten.“

Das eindrücklichste Europacup-Erlebnis war für Ihn der Viertelfinal im eiskalten Surgut in Sibirien mit der perfekten Organisation. Das pure Gegenteil war das Spiel in Gomel/Weissrussland mit vierstündigem Transfer im Schneegestöber und einer Bruchbude als Hotel in einer Millionenstadt, die abends um 9 Uhr menschenleer war.

Trotz all der grandiosen Erfolge, blieb ein Wunsch Gyglis unerfüllt:  eine höhere Halle, die dem heutigen Standard für Volleyball entspricht und Europacup-tauglich ist. Ebenso nachdenklich stimmen ihn die dauernd schwindende Wertschätzung und die sinkenden Zuschauerzahlen. Erfolge seien im Verlauf der Zeit zur Selbstverständlichkeit geworden. Beim letzten Meistertitel hätten gerade noch zwei Vereine gratuliert, so Gygli nachdenklich.

Während seiner Zeit als Teammanager hat Gygli unzählige Spieler engagiert, darunter auch solche, die später Weltklassespieler wurden. Auf die Frage nach seinem All-Star Team des letzten Vierteljahrhunderts antwortet er: „Das sind am Pass Frank Depestele, Libero Daniel Werner, Diagonalangreifer Ivan Contreras und Dalibor Polak. Auf Annahme/Aussen hatten wir sehr viele sehr gute Spieler, diese Wahl ist schwierig. Ich entscheide mich für Victor Rivera und Gustavo Meyer. Als Mittelblocker wähle ich Samuel Ehrat und Matthew Pollock.“

Für die Zukunft wünscht Ruedi Gygli dem Verein alles Gute und hofft, dass Näfels wieder einmal vorne mitspielen und um Titel und Cup mitreden kann und der Verein wieder mehr Kontinuität findet. „Um dies zu erreichen ist aber viel nötig, vor allem auch der Rückhalt der Sponsoren, was immer schwieriger wird.“ Es wäre für ihn auch eine grosse Freude, wenn sein Sohn Marco Gygli sich bei Näfels weiterhin – sofern es sein Beruf zulässt - engagiert, wie er dies bereits nicht nur als Spieler, sondern auch als Vorstand des Dachverbandes „sportglarnerland“ und Verantwortlicher der Damenabteilung macht.

An der HV vom letzten Mittwoch wurde Ruedi Gygli verabschiedet. Martin Landolt beendete die Laudatio über das Ehrenmitglied Ruedi Gygli mit diesen Worten: „Seine Verdienste sind endlos und kaum in Worten zu würdigen. Mein Glück ist es, dass Ruedi selber kein grosser Redenschwinger ist und auch nicht auf allzu lange Reden steht.

Danke sagen kann man Ruedi am besten, indem man seiner Arbeit Sorge trägt und sie weiterführt. Danke sagen kann man Ruedi am besten, indem man sich im Verein engagiert. Und danke sagen kann man Ruedi am besten, wenn der Applaus jetzt etwa gleich lange dauert wie meine Rede… "Danke, Ruedi“

Die Versammlung bedankte sich auf Ihre Weise bei Ruedi – er wurde unter grossem Applaus zum Ehrenpräsidenten ernannt. Klaus Görauch, der bisherig einzige Ehrenpräsident sagte, dass Ruedi Immenses für den Verein leistete und dass er froh sei, dass er jetzt bei den Treffen der Näfelser Ehrenpräsidenten nicht mehr allein sei…

Danke sagte auch Ruedi Gygli jenen Leuten, die ihn während seiner Zeit als Mannschaftsverantwortlichen in irgend einer Form unterstützt haben, wie seine Frau Dora, die als seine rechte Hand amtete, den Vorstandskollegen, unzähligen Helfern und den Sponsoren, welche alles erst ermöglichen. 

 

 

Ehrenpräsident: 2002 wurde Ruedi das 8. Ehrenmitglied des Näfelser Volleyballvereins. An der HV vom letzten Mittwoch wurde er nun zum sehr verdienten Ehrenpräsidenten ernannt.

Erfolgreich und zielorientiert: Mit Ruedi als Teammager entwickelte sich Näfels zum bis dato erfolgreichsten Volleyballclub der Schweiz. Bereits in seiner ersten Saison als Teammanager wollte er nur eines: Den Titel

Das schönste Erlebnis: Der Cupsieg 2016 gegen LUC mit Sohn Marco als Passeur war für Ruedi der schönste Titel

Unerwartet: Der bislang letzte Meistertitel 2011 unter Spielertrainer Dalibor Polak kam überraschend und war für Ruedi deshalb besonders emotional

Die Sensation: Von niemandem erwartet besiegte Näfels mit Captain Büsser die Übermannschaft aus Lugano in einem hochklassigen Spiel im Cupfinal 2014 - für Ruedi war dies ein überragender Auftritt seines Teams

Der wichtige Schritt zum eindrücklichsten Erlebnis: Ruedis Team besiegte überraschend im Europacup Achtelfinale die höher eingestufte tschechische Mannschaft aus Karlsbad und ebnete damit den Weg zum unvergesslichen Erlebnis im sibirischen Surgut

Nachhaltiges Vereinsleben: Das Team von 2011 mit einigen Gesichtern, die Biogas Volley Näfels auch heute noch prägen - auch das ein Verdienst von Teammanager Ruedi Gygli

Vier prägende Persönlichkeiten: Ehrenpräsident Klaus Görauch, Ehrenmitglied Dora Gygli, die rechte Hand von Ruedi und fleissige Fee überall, Neo-Ehrenpräsident und Meistermacher Ruedi Gygli und Martin Landolt, Präsident seit zehn Jahren

Dream-Team: Ohne seine Frau Dora hätte Ruedi das Amt des Teammanagers kaum beinahe ein Vierteljahrhundert ausüben können

Danke vielmals Ruedi für alles - Deine Erfolge erfreuten die Glarner Volleyballherzen