Samstag, 26. März 2022; 07:10
NLA

Das grosse Wellental der Gefühle von Bojan Strugar

Von: Köbi Hefti

Diagonalangreifer Bojan Strugar von Biogas Volley Näfels schaut auf eine Saison zurück, wie er sie in seiner Karriere bisher noch nie erlebte. Im letzten Spiel der Saison will er seine letztjährigen Teamkollegen nochmals bezwingen.


Bojan Strugar, der Diagonalangreifer von Näfels, stiess erst nach Saisonbeginn zum Team. Der Grund dafür waren Kontrakt-Wirren bei ihm wie auch bei Volley Näfels mit arabischen Partnern. Nach kurzer Angewöhnungszeit lieferte der 2.03 Meter-Mann ab, was man von einem Top-Angreifer erwartet – viele Punkte. Doch just nach jenem Spiel, als er anfangs Dezember gegen Chênois zur Hochform auflief, verletzte er sich am Knöchel. Noch nie habe er einen solchen Schmerz verspürt, wie in diesem Moment, erinnert er sich. Nach knapp zwei Monaten Pause war er zurück und führte sein Team im Cup-Viertelfinal in Luzern zum Sieg. Doch wenige Tage nach seinem Comeback meldete sich ein Schmerz in der Bauchgegend, der immer stärker wurde. «Es fühlte sich an, wie wenn mir jemand ein Messer in den Magen stossen würde», erzählt er. Zunächst dachte er, dass es sich um eine Entzündung handle. Dem war aber nicht so. Er hatte sich eine Bauchmuskelzerrung zugezogen. Dazu sagt er: «Während meiner Verletzungspause trainierte ich mehr und härter, um meinen Körper in Form zu halten. Ich wollte möglichst schnell zurück aufs Spielfeld. Wie sich dann herausstellte, beanspruchte ich dabei meine Muskulatur zu stark.» Einen derart langen Ausfall war für Strugar ein Novum und «ein Schock, ein Trauma», wie er selber sagt. Viele Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Doch Verletzungen seien Teil des Sports und es brauche die richtige Einstellung, um während der Rekonvaleszenz positiv zu bleiben und nicht krank zu werden, sagt er. Doch er litt, war traurig und enttäuscht, dass er zuschauen musste, wie sich bei seinem Team die Play-off-Träume in Rauch auflösten und er nicht helfen konnte, dies zu verhindern.

Mit einer Legende im selben Team
Bis Strugar gut elf Jahre alt war, spielten er und sein Bruder Balša Fussball. Dann aber meinte dieser: «Bojan, es ist Zeit, dass wir etwas anderes ausprobieren, Was möchtest Du tun?». Bojan überliess den Entscheid dem älteren Bruder, schloss sich ihm aber an, als er erstmals zum Volleyball ging. Bojan Strugar erinnert sich: «Mit der ersten Ballberührung verliebte ich mich in dieses Spiel und wusste sofort, dass ich einmal Profi werden will.» Seine grosse Liebe und Leidenshaft bescherte ihm einen rasanten Aufstieg. Bereits 2010, mit 15 Jahren tauchte er in der ersten Mannschaft seines Stammvereins Budućnost Podgorica auf. Schon als Teenager verliess er seine Heimat Montenegro. Er spielte in Rumänien, Italien, Griechenland, wieder in Montenegro, Finnland und seit 2020 in der Schweiz. Sehr gerne erinnert er sich an Italien: «Das war super, ich war sehr glücklich in der für mich besten Liga der Welt spielen zu können.» Bei Top Volley Latina war er zweiter Diagonalangreifer hinter Alessandro Fei, dem legendären Welt-, Europameister und Olympia-Medaillen-Gewinner. Strugar erklärt: «Ich hatte riesiges Glück im gleichen Team wie er zu sein – ich konnte von ihm derart viel lernen.»

Loblied auf zwei Länder
Sein Zuhause Richtung Ausland zu verlassen, war für Strugar im Alter von weniger als zwanzig Jahren hart und emotional. Doch er war sich bewusst, dass dieser Verzicht nötig war um ein erfolgreicher Athlet zu werden. Mittlerweile hat er sich daran gewohnt im Ausland zu sein. Doch noch immer freut er sich sehr aufs Heimkommen und das Zusammensein mit Familie und Freunden. Dazu ist Montenegro für ihn das schönste Land der Welt. «Ich kann nur Gutes über meine Heimat sagen. Dieses kleine Land ist voller Attraktionen, bietet mit seinen Bergen, Seen, Flüssen und dem Meer eine herrliche Natur. Ich empfehle jedem Montenegro zu besuchen und eine Woche durch das Land zu reisen», schwärmt er.

Seit Herbst 2020 wohnt Strugar in der Schweiz. Dazu sagt er: «Das Land und die Leute hier sind toll. Ich habe zahlreiche schöne Orte gesehen und viel erlebt. Ich habe in der Schweiz zu mir gefunden.» Wie bereits letztes Jahr in der Rosenstadt gefällt es ihm auch im beschaulichen, von Bergen umrahmten Näfels. Für einen Profi sei es gut, wenn alles friedlich und ruhig sei, sagt er und ergänzt schmunzelnd: «Das einzige, was man in der Nacht einmal hört, sind die Sirenen der Ambulanz. Es ist unglaublich hier.»

Rückkehr an die Erfolgsstätte
Über sich sagt er, dass er ein harter, beharrlicher Arbeiter sei, der immer alles gibt, perfektionistisch, aber auch emotional veranlagt sei. Wohin ihn sein Weg nächstes Jahr führen wird, weiss er noch nicht. Europa und auch Näfels sind Optionen ebenso wie die Emirate. Ein Fernziel steht in seiner Liste ganz weit oben: «Ich möchte sehr gerne irgendwann nochmals in Italien spielen. Ich mag Italien mit den Leuten und dem Essen sehr.»

Am Sonntag kehrt Strugar nach Jona zurück. Dazu sagt er: «Mir gefällt es, dass ich dort die Saison abschliessen kann. Das letzte Jahr mit Jona war meine erfolgreichstes meiner bisherigen Karriere.» Zur Erinnerung, Strugar wurde 2021 zum wertvollsten Spieler der Liga gewählt, war Liga-Topscorer und gewann mit Jona den Cup und damit seinen bisher einzigen Titel seiner Laufbahn. Entsprechend freut er sich auf die Begegnungen und die Gespräche mit alten Bekannten. Doch eines ist für ihn klar: «Es ist wirklich schön, dorthin zurückzukehren. Aber für das Spiel lasse ich all diese Gefühle auf der Seite, denn ich will gegen Jona gewinnen und mit einem Sieg die Saison abschliessen.»



Rangierungsrunde:

TSV Jona Volleyball - Biogas Volley Näfels

Grünfeld, Jona, Sonntag, 27. März, 2022, 18:00 h 

Bojan Strugar: Diagonalangreifer aus Montenegro, 26-jährig, 2.03 Meter gross

Last-Minute-Zuzug: Bojan stand erst im zweiten Spiel der Saison in Schönenwerd erstmals für Näfels im Einsatz und fand in kurzer Zeit zu seiner Form

Verletzungshexe: fast drei Monate konnte Bojan nicht mittun, zuerst wegen einer Knöchelverletzung, dann wegen einer Bauchmuskelzerrung

Gebrüder Strugar: Balša (rechts), der zwei Jahre ältere Bruder der Auslöser, dass Bojan zum Volleyball fand. Der 10 Jahre jünger Petar (Mitte), spielt Basketball und geht noch zur Schule.

Erstmals live im Ausland dabei: Die Eltern sahen am letzten Samstag erstmals ein Spiel von Bojan im Ausland. Der Vater ist übrigens sehr sportlich, spielte Fussball und ist immer noch Schiedsrichter. Sport sein bei ihnen im Blut, sagt Bojan

Wunderschönes Montenegro: Für Bojan ist sein Heimatland das schönste Land

Perfektionist: Bojan will immer alles perfekt machen, was zwar gut sei, manchmal aber auch eine Barriere sei, weil er dann zu viel wolle

Schnell unterwegs: Nicht nur auf dem Spielfeld, auch auf der Strasse, mag er es zügig. Den Verkehr in der Schweiz findet er sehr angenehm, die Automobilisten höflich. Doch die Radargeräte seien hierzulande viel besser versteckt als in seiner Heimat

Viel sehen und erleben: Bojan nutze die Zeit, um die Schweiz kennenzulernen, wie hier mit seiner Freundin St. Gallen

Rückkehr an die Erfolgsstätte: Am Sonntag will Bojan gegen Jona, seinem Team des letzten Jahres und seiner grössten Erfolge, nochmals gewinnen