Das Comeback des erfahrenen Fuchses
Marco Gygli, das Urgestein von Biogas Volley Näfels, verabschiedete sich vor drei Jahren aus beruflichen Gründen von der Schweiz und vom Volleyball. Nun ist er wieder zurück, in Näfels und dessen NLA-Team.
Im Sommer 2017, als sich Marco Gygli nach seinem Rücktritt mit den «Glarner Nachrichten» traf um auf seine erfolgreiche Karriere als Volleyballer zurückzuschauen sagte er: «Ich fühle mich nicht als Sportpensionär». Damals war er dreissig-jährig und hatte seine Ausbildung zum Bachelor in Tourismus und Sport längst abgeschlossen. Den Grund für seinen Rücktritt begründete er hauptsächlich damit: «Jetzt will ich auch einmal richtig arbeiten – und richtig Geld verdienen.» Es zog ihn zusammen mit seiner Frau an den Persischen Golf in die Hitze, wo das Ehepaar Gygli einen spannenden Job fand.
Glarus Nord statt Zürich
Heimweh zu seinem geliebten Sport Volleyball hatte er nicht, schaute sich aber die Spiele seines Vereins an. 2019 beendeten die Gyglis ihr Abenteuer im Nahen Osten und kehrten heim. Ehefrau Tanja fand einen Job in der von ihr bevorzugten Tourismusbranche im Glarnerland, und so liessen sie sich wieder im Glarnerland nieder und nicht wie ursprünglich geplant im Grossraum Zürich. «Dass wir hier sind, darüber bin ich jetzt gottenfroh“, gesteht Gygli. Mit der Rückkehr befiel Marco Gygli auch gleich wieder das Volleyball-Fieber. Wenn „sein“ Team trainierte, war er fast immer in der Halle dabei und amtete als Assistent des neuen Trainers Oskar Kaczmarczyk.
Mehr Einfluss als Spieler
Als mitten in der letzten Saison Sperren und Krankheiten die Zuspieler Thanos Maroulis und Kai Aebli bremsten, stand Gygli gar im Aufgebot und kam zu Kurzeinsätzen - trotz nicht optimaler Fitness. Diese Momente lösten bei ihm Gedankenspiele aus. Seine Job-Suche im Bereich des Sport-Managements war wegen der Coronakrise aussichtlos, deshalb arbeitete er weiterhin bei seinem Schwager, dem Inhaber der Ernst Gygli AG. Da war aber noch immer diese Faszination Volleyball. So machte er Ende der letzten Saison Volley Näfels den Vorschlag, es nochmals in der NLA zu versuchen: Seine Idee stiess auf offene Ohren. Dem Verein kam diese günstige Lösung in einer wirtschaftlich unsicheren Zeit sehr gelegen. Auch für Trainer Kaczmarczyk war dies die perfekte Lösung, stiess doch mit Marco Gygli, dem ehemaligen Captain von Näfels und der Schweizer-Nati, eine Führungsfigur zum jungen NLA-Team.
Auf die Frage, ob Spielen für ihn doch noch cooler sei als das Amt des Assistenztrainers, antwortet Marco Gygli: «Es war interessant die andere Seite zu sehen und mit dem Trainer über das Was, Wie und Warum und Wechsel-Optionen zu diskutieren. Doch als Spieler kann man viel mehr Einfluss auf das Spiel nehmen. Zudem haben wir eine unglaublich coole Truppe zusammen, die richtig Freude macht.»
Der beste Sportplatz
Doch dieser Entscheid hiess für den mittlerweile 33-jährigen auch, sich körperlich wieder NLA-fit zu machen. «Das war meine erste grosse Herausforderung», sagt Marco Gygli und ergänzt, dass er nie der physisch starke Spieler war, dies aber mit seiner Erfahrung, Technik und Spielintelligenz kompensiert hätte, was als Passeur das Wichtigste sei. Zusammen mit seinem Personal Coach Marc Müller stellte er ein Fitnessprogramm zusammen, bestehend aus Kraft und Ausdauertraining. Marco Gygli erklärt: «Da ich während der Nacht arbeitete, konnte ich nachmittags joggen oder Mountainbike- und Berggipfel-Touren unternehmen.» Beim Erzählen kommt er richtig ins Feuer und schwärmt: „Ich habe diese Touren unglaublich genossen. Sie haben mir viel gebracht. Bei schönen Wetter in der Schweiz zu biken und zu wandern ist sensationell, es gibt keinen besseren Sportplatz.“
Rolle wie damals
Im August startete die Vorbereitung mit dem Team und einem Marco Gygli, der acht Kilo abgespeckt hatte. Zuerst sei das Training wegen der vielen Verletzungen recht mühsam gewesen, hätte für ihn aber den Vorteil gehabt, dass er dank der vielen Repetitionen schneller wieder in den Rhythmus kam, meint Gygli rückblickend. Mittlerweile sind aber die Verletzungssorgen Geschichte. Es gefällt dem Rückkehrer, dass im Training mit 6:6 gespielt werden kann. Motivationsprobleme kennt er nicht, obwohl sein Vollzeitjob und das Leben als NLA-Volleyballer streng sind.
Angesprochen auf seine Rolle im Team, erklärt er, dass er immer noch ein Leader sei. Er erzählt: «Wenn etwas ist, eine Frage aufkommt, dann schauen meistens alle zu Kai Aebli und mir.» Er vergleicht seine jetzige Rolle mit jener Zeit, als der erfahrene Denis Milanez bei Näfels spielte und dem jungen Marco Gygli viele Tipps gab. Jetzt ist er es, der Stamm-Passeur Kai Aebli unterstützt. Der Routinier erzählt: «Wir diskutieren und analysieren viel zusammen. Während der Spiele gebe ich Kai beispielweise Hinweise über das Verhalten des Gegners am Block.»
Unsichtbares Kribbeln
Als zweiter Zuspieler stand Marco Gygli viel häufiger auf dem Feld als selber erwartet. Zu seinen Einsätzen sagt er: «Ich musste mich erst wieder daran gewöhnen im Match zu spielen. Alles ist schneller, höher und adrenalingeladener als im Training.». Zudem sei es für ihn neu, wieder wie zu Zeiten von Ivan Bedrac Ersatzspieler zu sein. Wenn er zum Einsatz kommt, wirkt er äusserlich sehr gelassen, doch dies ist nicht immer so. Er gesteht: «Am Samstag gegen Schönenwerd war ich kribbelig und nervös, als ich kurz vor Satzende eingewechselt wurde, nachdem wir einen komfortablen Vorsprung verspielt hatten. Es war ein Challenge, aber ich mag diese Herausforderungen, im Sport wie im Leben.» Genauso mag er das Matchfeeling und die Begegnungen mit alten Bekannten auf dem Spielfeld. Er erklärt: «Man gönnt sich die Punkte gegenseitig. Doch das Sprechen und Sticheln unter dem Netz gehört dazu - so war es auch im Spiel am Samstag gegen Schönenwerd, als ich Reto Giger versuchte etwas aus dessen Komfortzone zu bringen.»