Mittwoch, 19. April 2017; 07:00
NLA

Wir können auch Volley Amriswil schlagen

Von: Rolando Küng

Nach Spiel 1 der Playoff-Finals analysiert Mittelblocker Roosewelt de Oliveira Jr. das Spiel, blickt voraus auf Spiel 2 im heimischen SGU in Näfels und erzählt auch noch von sich selbst.


SO: Wo sehen Sie den Grund für die erneute Niederlage?

Roosewelt Jr.: Ausser in Satz eins waren wir zu unkonzentriert und haben immer wieder leichte Bälle kassiert oder unsere einfachen Chancen nicht in Punkte umgesetzt. Dumme Fehler nerven sehr und können ein Team destabilisieren. Volleyball spielt viel im Kopf und es sind die berühmten Details, welche den Unterschied ausmachen.

SO: Aber sehen Sie überhaupt eine Siegchance?

Roosewelt Jr.: Natürlich haben wir diese. Amriswil ist ja nicht sechsmal besser als wir. Aber genauso wie uns das Team von Volley Schönenwerd liegt und wir gegen sie sechsmal in Serie gewinnen konnten, scheinen wir Amriswil zu liegen. Sie dominieren uns nach ihren Schwächephasen immer und immer wieder. Wir lassen uns zu einfach aus unserem Konzept bringen, womit wir wieder bei der Konzentration wären.

SO: Was muss das Team also tun?

Roosewelt Jr.: Jeder von uns muss gleichzeitig auf seinem besten Niveau spielen. Individuell ist unser Gegner nicht besser besetzt. Aber ihr Kollektiv funktioniert besser, sie haben auch bei umkämpften Bällen meist die bessere Lösung, nebst viel Glück. Das kommt noch dazu.

SO: Wo können Sie dem Team helfen?

Roosewelt Jr.: Natürlich ist es für mich sehr schwer, ein ganzes Spiel von draussen zu verfolgen. Aber ich bin Teil des Teams und der Coach entscheidet wer spielt. Bin ich einmal auf dem Feld, bringe ich mit meinem Temperament, meiner "Wut" viel Schwung. Meine früheren Trainer in Brasilien haben mich das gelehrt, mit der totalen Agressivität ans Werk zu gehen. Diese Spielweise bringt das gewünschte Resultat. Man nennt das bei uns "mit Blut in den Augen" zu spielen.

SO: Noch etwas zu Ihnen als Mensch. Wer sind Sie?

Roosewelt Jr.: Ich stamme aus Minas Gerais, einem Bundesstaat in Brasilien. Mein Vater arbeitet in der Metallindustrie, meine Mutter managt den Haushalt und die Familie. Ich habe einen Bruder und eine Schwester und bin verheiratet mit Marina.

SO: Wie wurden Sie Volleyballspieler?

Roosewelt Jr.: Mit 16 Jahren war ich bereits 2.06 Meter gross. Natürlich spielte auch ich Fussball, wie alle Jungs in Brasilien. Aber man stelle sich vor, gross wie ich war, mit meinen langen Beinen und zuwenig Muskeln. Die kleinen, wendigen Ronaldinho's hatten ihren Spass an mir und leichtes Spiel. Ich arbeitete tagsüber als Office Boy an der Uni in Belo Horizonte. Da sah mich der Rektor und fragte, ob ich nicht Volleyball spielen möchte. Er musste mich wirklich davon überzeugen, ins erste Training zu gehen, so ganz freiwillig ging ich da nicht hin. Ich hatte da so meine Vorurteile über diesen Sport. Der Trainer sagte zu mir, dass er aus mir noch einen richtigen Volleyballspieler machen werde, wenn ich nur wollte. Obwohl ich etwa vier Jahre Rückstand hatte auf die andern Spieler, lernte ich rasch und kompensierte vieles mit meiner Grösse. So tauschte ich meinen Job an der Uni durch tägliches Volleyball-Training.

SO: Und wie ging es dann weiter?

Roosewelt Jr.: Nach meiner Grundschulung spielte ich ab 20 Jahren erstmals in Teams aus anderen Städten in Brasilien. Mit 25 war ich eine Saison in Bulgarien und ein Jahr später wurde ich mit Volley Näfels Schweizer Meister. Eine Saison später heuerte ich bei Volley Amriswil an und wir gewannen den Schweizer Cup. Ab 2012 spielte ich in Brasilien und Argentinien, um auf diese Saison hin wieder zurück ins Glarnerland zu kommen.

SO: Was bringt Ihnen dieser Sport?

Roosewelt Jr.: Enorm viel. Eigentlich alles. Als junger Erwachsener fühlte ich, dass meine Energie leicht in eine eher gefährliche Richtung hätte gehen können. Die Disziplin die mir das tägliche Training abverlangte und die Energie, die ich auf positive Weise im Sport freilegen konnte, behielten mich auf dem richtigen Weg. Und seit ich mit Jesus Christus durchs Leben gehe, hat sich ohnehin alles zum Guten gewendet. Manche Leute nehmen mich manchmal als "etwas anders" wahr. Aber das ist OK für mich. Ich gehe meinen Weg und versuche nicht nur gut Volleyball zu spielen, sondern vor allem ein guter Mensch zu sein.

Nächstes Mal zu sehen live in der Linth Arena SGU, Näfels, 21. April 2017, 19:30 Uhr